#245 - 14.05.2019 Suizid im Alter - ist das eine Option?
Am Sonntag, nach einem kleinen Radausflug und einem Caféhaus Besuch, hielten Mingle und ich noch eine kurze Siesta. Anschließend führten wir eine Diskussion - auch wenn Mingle behauptet, ich halte einen Monolog, das stimmt NICHT! Sie plappert mehr als ich, ist halt eine Frau und zudem ein französiiiischer Jameeerlapeeeen :-) - über die knapp bemessene Zeit, sein Leben wirklich frei zu bestimmen.
Zuerst die Kindheit, dann Ausbildung, gefolgt von Lebensunterhalt erwirtschaften, häufig gepaart mit Familie und Kindererziehung. Überall Verpflichtungen und Kompromisse, so richtig selbstbestimmt - eher nicht. Yep, dann hat man es geschafft und man erreicht mit einem einigermaßen ausreichenden Einkommen die Rente/Pension.
In Deutschland scheiden ca. 10.000 (das sind mehr als 25! pro Tag) Menschen freiwillig aus dem Leben. Allein in Berlin sind es jährlich ca. 440 Personen und somit mehr als an Verkehrsunfällen, Drogen, Aids und Gewalttaten zusammen. Und die Dunkelziffer ist hoch, denn so manche Medikamentenvergiftung oder Verkehrsunfall u.a.m., mit suizidaler Absicht herbeigeführt, wird in der Statistik nicht aufgeführt. Doch warum sind es überwiegend ältere Menschen und hier im Besonderen alte Männer, die den Freitod wählen? Die Suizidzahlen von 2013 belegen, dass 85jährige Männer 5X häufiger freiwillig aus dem Leben scheiden als der Bundesdurchschnitt. Aber auch bei Frauen, die sich selbst umbringen, ist jede Zweite über 60 Jahre alt.
Der Hauptgrund -und das war überraschend für mich- sind nicht soziale Faktoren wie z.B: Altersarmut, sondern die Angst vor Abhängigkeit, in Form von Pflegebedürftigkeit. Im Alter funktioniert vieles nicht mehr so wie es einmal war und dann kommt die Angst in einem Pflegeheim zu landen und von überfordertem und gestresstem Personal betreut zu werden. Doch wenn die Betroffenen im Seniorenheim sind, sinkt die Suizidrate rapide. Natürlich spielen auch andere Gründe wie Beziehungsverlust, Einsamkeit etc. eine Rolle, sind aber eher zweitrangig.
Die Titelfrage beantworte ICH für MICH ganz eindeutig mit ja. Grundsätzlich finde ich es traurig, dass jemand in eine Lage gerät, die offensichtlich die Lebensumstände so unerträglich macht, dass diese Person freiwillig aus dem Leben scheiden möchte. Denn ich glaube, dass jeder Mensch einen starken Lebenswillen besitzt und das müssen schon dramatische Ereignisse sein, um zu so einer Entscheidung zu gelangen. Auf der anderen Seite sollte jeder frei über sein Leben und auch sein Lebensende entscheiden dürfen. Ich muss in solchen Situationen oft an meine Oma denken. Das erste (nach der Begrüßung) was sie zu mir sagte, als ich sie im Krankenhaus nach ihrem ersten Schlaganfall besuchte, war: „Gott sei Dank bist du jetzt da, denn du reißt mir jetzt das Herz aus Leib“. Ich habe es nicht getan, aber ich verstand sie.
Ich habe bisher 3x Nahtod Erfahrung gemacht und mein Lebenswille ist/war immer stark genug zu kämpfen, doch ein Leben im Bett einer Pflegestation kann und möchte ich mir nicht vorstellen. Wie die Entscheidung ausfällt, wenn ich in die Situation kommen sollte, steht auf einem anderen Blatt. Gerade jetzt hinsichtlich Krebs merke ich täglich, dass sich so manch cooler Ausspruch relativiert, wenn man wirklich davon betroffen ist.
Ganz sicher werde ich mich NICHT hinter den Zug schmeißen, weil ich heute Mittag die Schinkennudeln „versaut“ habe. In Anlehnung an das Stück „Der König und die kluge Frau“ könnte ich schreien: „Ach hätte ich meinem Bruder nur geglaubt, ach hätte ich.….“. Statt einfach Nudeln mit Schinken und Oregano zu verwenden, mussten es bei mir natürlich noch andere Kräuter und eine Sahnesoße sein. So wurde aus einem „köstlich“ ein simples „geht so“.
Aber heute vermiest mir nichts die gute Laune, was mit dem Film „of mice and men“ (von Mäusen und Menschen) zusammenhängt, der gestern Abend auf Arte ausgestrahlt wurde. Das hat Gary Sinise super hinbekommen! Sinise war als Hauptdarsteller, Regisseur und Produzent echt Klasse und John Malkovich als „Lennie“ war, wie so häufig, einfach superstark. Neben „Fürchte des Zorn“ ist das mein Lieblingsroman von John Steinbeck auch wenn es (wie alles, das ich von Steinbeck kenne) sehr traurig und beklemmend war.
Gar nicht beklemmend sondern eher befreiend ist, dass ich jetzt auch noch den Boden im Badezimmer -nach Gang und Küche- mit neuem Belag versehen habe und es mir so richtig gut gefällt und es sogar das Wohlwollen von meinem Mingle gefunden hat. Naja wenn sie schon nicht wegen mir kommt :-) dann halt wegen dem Küchenboden. So jetzt muss ich mich etwas langlegen, denn leider haut es mit meiner Gesundheit noch nicht so hin, wie ich es gerne hätte.
Kommentare:
Corinna schrieb am 25.05.2019 um 15:30:
Leider kann ich diese Menschen und die Begründung hierfür sehr gut verstehen. Gerade da ich in Pflegeheimen... und dies in staatlichen und privaten ,gearbeitet habe . ... Besonders in Staatlichen, sind die Zustände oft eine Katastrophe und die Menschlichkeit bleibt in allen Belangen auf der Strecke. Mögen die Privaten zwar besser personaliesiert und das Angebot ansich besser für die Menschen sein, so bleibt dennoch die Scham und der Schmerz jedes Einzelnen Bewohners zurück. Das vorallem Männer betroffen sind , finde ich auch nicht verwunderlich , da diese ihre Familien oft über Jahre alleine versorgt haben, der Fels in der Brandung waren ,keine Hilfe oder Unterstützung gebraucht haben. Der Stolz diese Selbstständigkeit abgeben zu müssen , sich als Belastung zu fühlen und angewiesen auf fremde Menschen( und deren Launen) zu sein, ist für viele Menschen bestimmt unerträglicher als der Tod. Sehr traurig , vorallem da ich unserer älteren Generation mit sehr viel Respekt entgegentrete. Niemand sollte sich fragen müssen ob der Tod die bessere Variante als das Heim ist, nachdem er sein Leben lang geschuftet hat. Ich selbst werde mich gut über Alternativen informieren , wenn es soweit ist und kann nur allen Menschen ans Herz legen, gut mit Ihren älteren Familienmitgliedern umzugehen.Denn dies ist ein entscheidener Faktor ob es sich lohnt zu leben oder nicht. Auch hoffe ich das der Staat mal ein bisschen mehr tut für seine eigenen Leute um Ihnen ein Leben im Alter in Würde zu ermöglichen.

da Bäääda schrieb am 25.05.2019 um 16:48:
Zitat von Corinna:
Auch hoffe ich das der Staat mal ein bisschen mehr tut für seine eigenen Leute um Ihnen ein Leben im Alter in Würde zu ermöglichen. Das glaube ich eher nicht, es wird eher schlimmer werden. Zuviel Alte, zuviel digitalisierung, zuwenig Beitragszahler.

Mir und allen die das Geschreibsl lesen wünscht da Bäääda ois Guade

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